Über das GLÜCK und UNGLÜCK der Taube „Salvatore“
„Salvatore“: So haben die Geschwister Martina und Markus Thiele den kleinen Vogel getauft, den sie im zusammengebrochenen Zustand entdeckten, während Sie im Haus des hilfsbereiten Frankfurter Szene-Italieners „Bistro Salvatore“ zu Gast waren. Schließlich konnte Salvatore durch gemeinsamen Einsatz in die Obhut des Frankfurter Stadttaubenprojekts übergeben werden. Hier kämpft die Taube nun, um ihr Leben. Die gute Nachricht: Ohne eingreifen, wäre Salvatore im Gestrüpp-Dickicht garantiert verdurstet oder verhungert. JETZT befindet er sich auf dem ersten Taubenschutzhof Deutschlands in Sicherheit und das bedeutet eine reelle Chance auf Genesung.
Frankfurt Innenstadt – Feierabendzeit:
Ich befand mich auf dem Weg nach Hause, als mein Handy klingelte. Martina Thiele am Hörer und berichtete, es ginge um einen Notfall an der „Schönen Aussicht“. Sie hätte eine vom Auto erfasste Taube entdeckt und könne nicht wegsehen, sondern will helfen. Unter der Nummer von Gudrun Stürmer, die das Stadttaubenprojekt in Frankfurt leitet, sprach sie auf den Anrufbeantworter. Handlungsohnmächtig bat sie mich um Unterstützung und was für ein Zufall war es, dass ich vom Standort keine 5 Minuten mehr entfernt war. Sobald ich zur Stelle kam ließ ich mir, von Markus Thiele das Geschehen erklären, während Martina Thiele ihre Rechnung beglich. Markus Thiele deutete mit dem Finger auf die anderen Straßenseite, wo die Taube auf dem Rücken läge. Ich sah die Taube aus der Entfernung schemenhaft – doch just in diesem Moment auch eine Frau, die ein Taschentuch zückte, sich bückte und etwas mit der Taube anstellte. Irritiert rannte ich aus dem Lokal, über die Straße und stutzte, denn plötzlich war die Taube verschollen und die Frau weitergegangen, gerade noch in meiner Sichtweite. Mit dem Fahrrad hatte ich sie schnell eingeholt und bat sie mir zu erklären, was passiert sei. Die Dame erklärte mir gutmütig, dass die Taube nicht fliegen könne, solange sie auf dem Rücken liegt. Sie dachte, es wäre nur logisch, sie umzudrehen, damit sie wieder fliegen kann. So kurzfristig und nicht zu Ende gedacht, rechnete diese Frau nicht damit, dass die Taube dadurch aufschrecken und flüchtet könnte OHNE, dass ihr wirklich geholfen wäre – im Gegenteil. Die Taube robbte sich in dem Fall irgendwie vom sichtbaren Bereich neben einem Baumstamm durch einen Zaun und verschanzte sich zwischen riesigen grünen Blättern und spitzem und dichtem Geäst von Sträuchern entlang des Abhangs, der zum Main hinunter führt. Martina und Markus Thiele, Salvatore Rimonti (der Inhaber des Bistros) und ich mussten lange suchen, wo sie denn nun inzwischen lag – hoffentlich lebend. Schließlich fand ich sie eingekeilt zwischen Ästen.
Berührungsängste vor einer Taube Fehlanzeige.
Ich musste sie durch die Löcher des Zaunes und zwischen den Ästen sanft von unten nach oben bugsieren, bis ich sie behutsam und schützend bei mir halten konnte. Plötzlich erwachten ihre Lebensgeister und so versuchte sie sich aus meinen sicheren Händen zu winden.
Wie sollte sie auch wissen, dass ab jetzt Rettung nah war?
Klein-Salvatore fühlte sich extrem dünn an. Ich spürte das zwarte Wesen zwischen meinen Fingern und war froh, als Martina Thiele erklärte, dass wir in den Speckweg 2, den Gnadenhof von Gudrun Stürmer fahren könnten, weil die Notfallstation noch offen habe. Wir bestiegen ein Taxi und standen binnen weniger als 10 Minuten vor dem Tor des ehemaligen Sachenhäuser Kleintierzuchtvereins. Dort empfing uns der Ehemann von Gudrun Stürmer freundlich und kompetent und verarztete die Taube sofort.
Der Taube ihr Glück?
– Martina Thiele, denn diese Frau, sah, handelte und rettete dadurch eine Taube vor dem Verenden in Anonymität, die andernfalls keine Chance auf Heilung gehabt hätte. Klein-Salvatore blickte zunächst verdutzt um sich. Während Martina Thiele vor Sorge seufzte, lächelte ich, weil ich froh zurückblickte, wie alles gelaufen war. Gott sei Dank haben wir die Taube wieder gefunden! Ich lerne: Aufgeben gilt nicht, wenn es um die Rettung von Leben geht (hier gesehen am Beispiel einer Taube). Guter Einsatz ist NIE umsonst.
Kurze Szenenbeschreibung:
Klein-Salvatore im Taxi zum Stadttaubenprojekt Frankfurt: sein Blick verrät Erschöpfung, Lebenswille und Hoffnung. Endlich angekommen! Martina Thiele in Sorge und ich nachdenklich: Was passiert jetzt? Wird Klein-Salvatore die Nacht überleben? Gudrun Stürmers Partner kommt uns entgegen und nimmt mir Klein-Salvatore ab und damit auch die Sorge, die Vertrauen weicht. Wir alle bewegen uns zwischen Gedanken und Handeln, wenn es um Not geht, die es zu lindern gilt, da wir sie nicht verhindern können. Klein-Salvatore in der Notfallstation: Notfall-Maßnahme #1: Wasser spenden, Durst stillen. Notfall-Maßnahme #2: Futter zusammenkratzen, Hunger lindern. Notfall-Maßnahme #3: Nest bereiten, (Überlebens-)Raum schaffen zur Kur. Martina Thiele verabschiedet sich von Klein-Salvatore und ich wünschte, er könne ihre warmherzigen Worte verstehen und in Kraft umwandeln, damit er überlebt. So putzmunter stelle ich mir Klein-Salvatore in Kürze vor. Mit Neugier haben die anderen Tauben seine Ankunft registriert.
Ich lerne: Tauben sind Individuen wie jedes Wesen, das atmet.
Es gibt keinen einzigen Grund, diese Vogel-Gattung zu meiden oder gar zu verachten. Sollte Klein-Salvatore überleben, wird dieses Stückchen grüne Idylle, seine neue Heimat werden. Damit das Gut, gut versorgt ist, sucht das Stadttaubenprojekt Helfer!
Volieren müssen täglich gereinigt werden: sowohl die alten, als auch die entstehenden neuen Pavillons, damit sich Mensch und Vogel auf dem Hof vom Stadttaubenprojekt Frankfurt wohlfühlen.
Das Glück von Tauben, die nicht ohne Grund als Friedenssymbol bekannt sind, bestimmen wir Menschen, indem wir ihren Lebensraum von der Stadt in geeignetere Lebensräume der Taube umleiten.
Tauben sind treu bis ins hohe Alter und ernähren sich normalerweise ausschließlich von Körnerfutter. Der Müll, den sie auf der Straße finden ist keine adäquate Ernährung und doch arrangieren sich die robusten Vögel mit dieser Armutssituation. Ihr Glück ist ihr Unglück zugleich. Tauben sind zu stark! Sie ertragen Pein und Schmerz und kämpfen trotzdem, obwohl sie Mangel und Schmerzen leiden, jeden Tag um ihr Überleben – egal wie widrig ihre Lebensumstände sind. DESHALB empfinden wir besonders viel Mitgefühl für Tauben und wünschen uns, dass diese Geschichte von Klein-Salvatore Herzen berührt und Bewusstsein schafft: UNBEDINGT zu handeln, sobald wir Not erkennen und zwar adäquat. Das Beispiel zeigt:
Wo ein Wille ist, da findet sich auch immer ein Weg.
[Martina Thiele, Markus Thiele, Anja Zörner]